Cover: Es war einmal Indianerland 9783499215520

Es war einmal Indianerland

Nils Mohl (Text)


rotfuchs im Rowohlt Verlag
ISBN: 978-3-499-21552-0
12,99 € (D)
Originalsprache: Deutsch
Preisträger 2012, Kategorie: Jugendbuch
Ab 16 Jahren
Preisträger Jugendbuch

Jurybegründung

Der Ich-Erzähler versetzt den Leser in die Tristesse einer fiktiven Hamburger Vorstadt-Siedlung: Ein Mitbewohner des schäbigen Mietshauses hat seine Frau getötet und zwei Tage neben der Leiche kampiert, bevor er von seinem Sohn, Mauser, gefunden wurde. Dass dieser eins ist mit dem Ich-Erzähler, erschließt sich dem Leser erst spät. Am Ende werden sich diese vorgeblich zwei Figuren in einer Engführung der Erzählung zu einer Einheit ineinander schieben. Doch vorher...

müssen knapp zwei ereignisreiche Wochen vergehen.

Für die Zeichnung des Ich-Erzählers wählt Mohl die assoziationsreiche Figur des Boxers mit ihren Topoi vom ehrlichen, harten Kämpfer mit Herz. Er steht zwischen zwei Frauen, nämlich zwischen der verwöhnt-reichen Jackie, rein äußerlich seine Traumfrau, Affären nicht abgeneigt, aber zur Liebe wahrscheinlich gar nicht fähig, und der bodenständigen, füllig-sinnlichen Edda. Sie ist es, die die Kalamitäten der Adoleszenz auf den Punkt bringt: „Du bist 17, es ist dein Recht, dich von der Welt nicht verstanden zu fühlen.“

Mohls in raffinierten Zeitsprüngen konstruierte Erzählung lebt unter anderem von dem konzisen Einsatz filmischer Gestaltungsmittel, wie schnelle Schnitte, Vor- und Rückblenden – typographisch mit den Zeichen für die Vor- und Rückspultasten von DVD-Playern markiert –, die den Leser immer wieder in einen anderen Kontext katapultieren. Die gesamte Handlung in ihrer chronologischen Abfolge fügt sich erst am Ende des Romans zu einem vollständigen Bild. Das ist literarisch anspruchsvoll und verlangt genaues Lesen.

Auch die Sprache des Romans will genau erfasst werden: Mohl versteht es, Ellipsen und Parataxen an den richtigen Stellen mit Nebensatzkonstruktionen zu versehen. Ausgiebig nutzt er Parenthesen und Einschübe für eine zweite Textebene, die man zum einen wie Drehbuch-anweisungen lesen kann oder die ein anderes Mal der Atmosphäre erst ihre gänzliche Fülle verleihen. Dabei erweist sich Mohl als ein Meister des Erzählens für alle Sinne: Der Leser riecht das Chlor des Schwimmbades, empfindet die drückende Hitze eines wolkenlosen Sonnentages, sieht die Stadtansichten leibhaftig vor sich, hört den Lärm eines Open-Air-Festivals mit seinen unterschiedlichen Geräuschkulissen am Tag und in der Nacht. Viel zum dichten Flair des Romans trägt der kreative Umgang mit sprachlichen Bildern und Vergleichen bei, die Eskalation bekannter Redewendungen wenn zum Beispiel aus regnenden Katzen und Hunden Säbelzahntiger und Dobermänner werden, und schließlich der sichere Einsatz von filmischen Motiven aus Western und Indianerfilmen.

Es war einmal Indianerland ist ein kunstvoll gebauter Roman, der mit seinen zahlreichen Neologismen auch sprachlich innovativ und überzeugend ist. Er bietet dem Leser eine neue und aufregende Variante aus Bildungsroman und Liebesgeschichte. Mohl gelingt es, anspruchsvolles literarisches Erzählen thematisch dicht bei seinen jugendlichen Lesern zu realisieren – und das mit viel Herz und Ohr für seine Adressaten.
 

Der Ich-Erzähler versetzt den Leser in die Tristesse einer fiktiven Hamburger Vorstadt-Siedlung: Ein Mitbewohner des schäbigen Mietshauses hat seine Frau getötet und zwei Tage neben der Leiche kampiert, bevor er von seinem Sohn, Mauser, gefunden wurde. Dass dieser eins ist mit dem Ich-Erzähler, erschließt sich dem Leser erst spät. Am Ende werden sich diese vorgeblich zwei Figuren in einer Engführung der Erzählung zu einer Einheit ineinander schieben. Doch vorher müssen knapp zwei ereignisreiche Wochen vergehen.

Für die Zeichnung des Ich-Erzählers wählt Mohl die assoziationsreiche Figur des Boxers mit ihren Topoi vom ehrlichen, harten Kämpfer mit Herz. Er steht zwischen zwei Frauen, nämlich zwischen der verwöhnt-reichen Jackie, rein äußerlich seine Traumfrau, Affären nicht abgeneigt, aber zur Liebe wahrscheinlich gar nicht fähig, und der bodenständigen, füllig-sinnlichen Edda. Sie ist es, die die Kalamitäten der Adoleszenz auf den Punkt bringt: „Du bist 17, es ist dein Recht, dich von der Welt nicht verstanden zu fühlen.“

Mohls in raffinierten Zeitsprüngen konstruierte Erzählung lebt unter anderem von dem konzisen Einsatz filmischer Gestaltungsmittel, wie schnelle Schnitte, Vor- und Rückblenden – typographisch mit den Zeichen für die Vor- und Rückspultasten von DVD-Playern markiert –, die den Leser immer wieder in einen anderen Kontext katapultieren. Die gesamte Handlung in ihrer chronologischen Abfolge fügt sich erst am Ende des Romans zu einem vollständigen Bild. Das ist literarisch anspruchsvoll und verlangt genaues Lesen.

Auch die Sprache des Romans will genau erfasst werden: Mohl versteht es, Ellipsen und Parataxen an den richtigen Stellen mit Nebensatzkonstruktionen zu versehen. Ausgiebig nutzt er Parenthesen und Einschübe für eine zweite Textebene, die man zum einen wie Drehbuch-anweisungen lesen kann oder die ein anderes Mal der Atmosphäre erst ihre gänzliche Fülle verleihen. Dabei erweist sich Mohl als ein Meister des Erzählens für alle Sinne: Der Leser riecht das Chlor des Schwimmbades, empfindet die drückende Hitze eines wolkenlosen Sonnentages, sieht die Stadtansichten leibhaftig vor sich, hört den Lärm eines Open-Air-Festivals mit seinen unterschiedlichen Geräuschkulissen am Tag und in der Nacht. Viel zum dichten Flair des Romans trägt der kreative Umgang mit sprachlichen Bildern und Vergleichen bei, die Eskalation bekannter Redewendungen wenn zum Beispiel aus regnenden Katzen und Hunden Säbelzahntiger und Dobermänner werden, und schließlich der sichere Einsatz von filmischen Motiven aus Western und Indianerfilmen.

Es war einmal Indianerland ist ein kunstvoll gebauter Roman, der mit seinen zahlreichen Neologismen auch sprachlich innovativ und überzeugend ist. Er bietet dem Leser eine neue und aufregende Variante aus Bildungsroman und Liebesgeschichte. Mohl gelingt es, anspruchsvolles literarisches Erzählen thematisch dicht bei seinen jugendlichen Lesern zu realisieren – und das mit viel Herz und Ohr für seine Adressaten.
 

MEHR

Personen

Text

geboren 1971, lebt als freier Schriftsteller und Drehbuchautor in Hamburg. Für seine Romane und Drehbücher wurde er u.a. 2012 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet.

Warenkorb

Es befinden sich keine Artikel in Ihrem Warenkorb